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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


I.
Preisanpassungsklausel für die Servicepauschale im betreuten Wohnen
LG Mannheim, Urteil vom 28.9.2007, Az. 1 S 60/07

Eine Preisanpassungsklausel in einem Servicevertrag im Rahmen des betreuten Wohnens, die den Serviceanbieter berechtigt, die Vergütung zu erhöhen, ...wenn bei ihm entsprechende Kostenerhöhungen eingetreten sind... benachteiligt die Kunden des Verwenders unangemessen und ist nach § 307 BGB unwirksam.

II.
Widerspruch des Schuldners ist für Schuldnerbank grundsätzlich immer verbindlich
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2007, Az. I-16 U 129/06

1.Bei der Einlösung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren handelt die Schuldnerbank (Zahlstelle) nur auf Grund einer von der Gläubigerbank (erste Inkassostelle) im eigenen Namen im Interbankenverhältnis erteilten Weisung. Der Schuldner kann der Kontobelastung - wie einer unberechtigten Belastung - widersprechen und Wiedergutschrift des abgebuchten Betrages verlangen.

2.Der Widerspruch des Schuldners ist für die Schuldnerbank grundsätzlich immer verbindlich. Die Schuldnerbank muss den Widerspruch grundsätzlich selbst dann beachten, wenn er missbräuchlich ist.

3.Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Frage der sittenwidrigen Ausnutzung der Widerspruchsmöglichkeit im Einzugsermächtigungsverfahren im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubigerbank entwickelt hat, sind auf das Verhältnis zwischen Schuldner und Schuldnerbank grundsätzlich nicht anwendbar.

4.In Falle des Widerspruchs bei sog. Kreditlastschriften besteht regelmäßig kein Schadensersatzanspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner.

III.
Kündigung einer Fitnessclubmitgliedschaft nur aus wichtigem Grund möglich
AG Hamburg 20.7.2007 509 C 117/07

1.Eine Fitnessclubmitgliedschaft kann vom Kunden regelmäßig fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn der Kunde so schwer und dauerhaft erkrankt ist, dass ihm die Ausübung von Fitness-Sport bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit praktisch unmöglich wird.

2.Auf eine solche Erkrankung kann sich der Kunde allerdings dann nicht berufen, wenn ihm die Erkrankung bereits vor Abschluss des Vertrags bekannt war, und zwar auch dann nicht, wenn erst eine graduelle Verschlimmerung der Symptome nach Vertragsschluss dazu geführt hat, dass ihm die Ausübung von Fitness-Sport praktisch unmöglich wird.

IV.
Krankheitsbedingte Kündigung - Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. 07.2007, Az. 2 AZR 716/06

Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Interessenvertretung zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen, ohne zuvor dieses betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, so führt dies nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine personenbedingte Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen.

Die gesetzliche Regelung ist aber auch nicht nur ein bloßer Programmsatz, sondern Ausprägung des das Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Führt der Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungsmanagement durch, kann dies Folgen für die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten haben.

V.
außerordentliche Kündigung, Privatnutzung von Betriebsmitteln
Hessisches LAG, Urteil vom 14.05.2007, Az. 16 Sa 1885/06

Gibt ein Arbeitnehmer, ohne dass dies generell oder ihm gestattet worden wäre, wiederholt Privatpost in den betrieblichen Postlauf, um diese durch die Frankiermaschine seines Arbeitgebers frankieren zu lassen, verletzt er in erheblichem Maße vertragliche Pflichten, so dass eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers berechtigt sein kann.

VI.
Schadensersatzforderung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.06.2007, Az. 7 U 112/06

Eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bewachungsgewerbes, nach der eine Schadensersatzforderung innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung der Einstandspflicht gerichtlich geltend zu machen ist, ist wirksam und hält der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand.

VII.
Verkäufer im Internet unterliegen Informationspflichten
OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.06.2007, Az. 4 U 210/06

Ein Verkäufer, der Verbrauchern über ein Internet-Auktionshaus Waren anbietet, handelt als Unternehmer, wenn die Gesamtumstände seines Internetauftritts den Eindruck eins professionellen Händlers erwecken; ihm obliegen deshalb die bei Fernabsatzverträgen vorgeschriebenen Informationspflichten.

VIII.
Nichtigkeit eines Franchisevertrages wegen sittenwidriger Knebelung oder Wuchers.
OLG Oldenburg, Urteil vom 10.05.2007, Az. 8 U 206/06

1.Zur Nichtigkeit eines Franchisevertrages wegen sittenwidriger Knebelung oder Wuchers.

2.Der Franchisegeber darf den Vertrag in der Regel fristlos kündigen, wenn der Franchisenehmer gegen seine vertragliche Pflicht, das Franchiseunternehmen unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft auszuüben und zu nutzen, dadurch verstößt, dass er ein weiteres Unternehmen betreibt.

3.Der kündigende Franchisegeber ist so zu stellen, als hätte der Franchisenehmer den Vertrag durch Auslaufenlassen oder durch ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin zu Ende gebracht; die Schadensersatzpflicht des Franchisenehmers ist dadurch entsprechend dem Schutzzweck des § 89 a HGB zeitlich begrenzt.

4.Bei sogenannten Kettenverträgen kommt es - wenn diese länger ist - nicht auf die Restlaufzeit des Franchisevertrages an, sondern auf die Kündigungsfrist des § 89 Abs. 1 HGB.

IX.
Kündigungsschutz - Klageverzichtsvertrag - Schriftform
LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2007, Az. 2 AZR 208/06

Klageverzichtsvereinbarungen, die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen werden, sind Auflösungsverträge iSd. § 623 BGB und bedürfen daher der Schriftform.

X.
Gewerbemietrecht Mietvertragsrecht
OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.05.2007, Az. 8 U 253/06

Räumt der marktbeherrschende Vermieter in einem die Vermietung nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehender Gewerbeflächen betreffenden Mietvertrag dem Mieter über die Grundmietzeit von fünf Jahren hinaus eine einseitige Verlängerungsoption ein, so verstößt dies gegen das Verbot unbilliger Behinderung gem. § 20 Abs. 1 GWB, was die Nichtigkeit der Klausel nach § 134 BGB zur Folge hat.
 
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