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Stefan Meyer
Monereo, Meyer & Marinel-lo Abogados
Alfonso XII, 30, 5º
28014 Madrid

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Rechtliche und steuerliche Aspekte beim Ankauf gesicherter Kreditportfolien in Spanien

(Stuttgart) Spanische Banken und Sparkassen haben es seit dem Platzen der Immobilienblase auf der iberischen Halbinsel (2008) weitgehend gemieden, sich ihrer notleidenden Immobilienwerte sowie Kreditportfolien zu entledigen. Jetzt stehen sie unter massivem Druck.

Dieser Druck, so der Madrider Rechtsanwalt und Abogado Stefan Meyer von Monereo Meyer Marinel-lo Abogados, Mitglied des VDA – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V. mit Sitz in Stuttgart, wurde Mitte 2012 noch durch verschiedene Gesetzesinitiativen und Anreize der seit Ende 2011 waltenden konservativen Regierung unter Ministerpräsident Rajoy erhöht. So sind etwa spanische Banken ab sofort verpflichtet, bestimmte Immobiliarwerte in eigene Immobiliengesellschaften auszulagern und diese innerhalb bestimmter Fristen zu veräuβern. Sie sollen hierdurch angehalten werden, sich endlich wieder auf das seit geraumer Zeit vernachlässigte Kerngeschäft der Kreditvergabe zu konzentrieren.

Der vorliegende Beitrag zeigt - aus gegebenem Anlass - die rechtlichen und steuerlichen Fallstricke und Besonderheiten auf, die unter spanischem Recht beim Ankauf von Forderungspaketen zu beachten sind.

Das spanische Abtretungsrecht als rechtlicher Rahmen (wesentliche Aspekte)

Das in den Artt. 1.526 ff des spanischen Código Civil (im folgenden CC) geregelte Abtretungsrecht stellt die zentrale Grundlage für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Forderungen dar, unabhängig davon ob diese notleidend (non performing loans) oder nicht (perfoming loans) sind. Für den bezweckten Übergang von Hypotheken kommt es darüber hinaus auf verschiedene Vorschriften des spanischen Hypothekenrechts (Artt. 149 ff der spanischen Ley Hipotecaria) an. Schlieβlich sind im Rahmen einer Forderungstransaktion auch konkurs- und datenschutzrechtliche Aspekte sowie steuerliche Vorschriften von wesentlicher Bedeutung.

Grundsätzlich kann an dieser Stelle zunächst festgehalten werden, dass auch im spanischen Recht den Schuldner die Wirkungen einer Abtretung (insbesondere der Verlust der Möglichkeit einer schuldbefreienden Zahlung an den Altgläubiger) nur dann treffen, wenn er förmlich über die Abtretung informiert wurde, Art. 1.527 CC. Mögliche Einwände des Schuldners gegenüber dem Altgläubiger können auch dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden, sofern diese nicht höchstpersönlicher Natur sind und bereits vor Kenntnisnahme der Abtretung durch den Schuldner Bestand hatten. Einer unter spanischem Recht nachweisbaren förmlichen Information der Schuldner – auch wenn diese keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung selbst darstellt - kommt daher zentrale Bedeutung im Rahmen des Ankaufes von Forderungspaketen zu.

Der Veräuβerer einer Forderung haftet auch im spanischen Recht nur für den Bestand der Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung, jedoch nicht für die Solvenz des Schuldners, auβer diese Haftung wäre ausdrücklich mit dem Erwerber vereinbart worden (Art. 1.529 CC). Im Falle der ausdrücklichen Übernahme der Delkrederehaftung, ohne Bestimmung einer konkreten Haftungsfrist, wird diese durch Art. 1.530 CC auf ein Jahr, gerechnet ab Fälligkeit der Forderung, bzw. bei Abtretung einer bereits fälligen Forderung gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abtretung, beschränkt.
Abschlieβend kann an dieser Stelle auch noch festgehalten werden, dass die abgetretenen Forderungen in der Bilanz des Altgläubigers dann gelöscht werden können, wenn von diesem weder das Delkredererisiko übernommen worden ist, noch eine Rückkaufverpflichtung besteht.

Übergang von Kreditsicherheiten insbesondere von Hypotheken

Der automatische Übergang von Kreditsicherheiten (Bürgschaft, Pfandrecht und Hypothek) im Moment der Wirksamkeit der Abtretung ist auch dem spanischen Recht bekannt (Art. 1.528 CC). Die die Forderung sichernden Hypotheken gehen gem. Art. 1.878 CC immer dann über, wenn sie den besonderen gesetzlichen Erfordernissen des spanischen Rechts, insbesondere des Hypothekenrechts, Genüge tun.

Art. 1.526, 2. Absatz CC hält diesbezüglich fest, dass bei solchen Forderungen „die sich auf eine Immobilie beziehen“, die Abtretung erst im Zeitpunkt der Eintragung im Register wirksam wird. Diese im Hinblick auf hypothekarisch gesicherte Forderungen nicht ganz eindeutige Formulierung wurde von der spanischen Rechtsprechung jedoch in verschiedenen Entscheidungen[i] klargestellt: Die Vornahme der Abtretung in öffentlicher Urkunde und anschließende Eintragung des Neugläubigers im Grundbuch ist jedenfalls kein Wirksamkeitserfordernis für die Abtretung der Forderung bzw. den Übergang der Hypothek. Sie festige lediglich die Stellung des Hypothekengläubigers gegenüber Dritten.
Nicht unbedeutend in diesem Zusammenhang ist auch Art. 176 der spanischen Hypothekenverordnung (Reglamento Hipotecario), der es dem Schuldner erlaubt, den im Grundbuch eingetragenen Hypothekenkredit unter Vorlage eines einfachen Nachweises der Zahlung an den Altgläubiger löschen zu lassen, sofern in der grundbuchlichen Eintragung der Abtretungsurkunde nicht ausdrücklich festgehalten wurde, dass der Schuldner hiervon nachweislich in Kenntnis gesetzt worden ist.

Die besondere Problematik der Beweiskraft des Abtretungszeitpunktes („Fecha cierta“) im spanischen Recht

Art. 1.227 CC bestimmt, dass das „Datum“ eines privatschriftlichen Vertrages nur zwischen den Vertragsparteien selbst Wirkung entfaltet (nicht also gegenüber Dritten!) und zwar solange bis entweder, einer der Unterzeichner des Vertrages ablebt bzw. dieser einem öffentlichen Register zugeführt oder einem Beamten in Ausführung seiner Dienste übergeben wurde. Auf diese zentrale Vorschrift des spanischen Schuldrechts verweist auch die Grundregel des spanischen Abtretungsrechtes (Art. 1.526 CC) ausdrücklich.

Diese aus der Sicht anderer Rechtsordnungen sicherlich etwas ungewöhnliche Besonderheit des spanischen Zivilrechts (auch „fecha cierta“ Problematik genannt), will Dritte schützen, denen der legitime Zugriff auf Vermögenswerte durch vordatierte Übertragungen unter Privatleuten verwehrt werden soll, eine Vorschrift also, die missbräuchliche Übertragungen im Rahmen privatschriftlicher Verträge verhindern möchte. Übertragungen, die mittels öffentlicher Urkunden erfolgen, entfalten dagegen volle Wirkung auch gegenüber Dritten (Art. 1.218 CC).

Allein schon aus diesem Grunde ist jedem Erwerber von Forderungsportfolien zu empfehlen, diese mittels notarieller Übertragungsurkunde zu erwerben. Andernfalls könnte eine einmal übertragene Forderung später noch durch Dritte gepfändet werden, da diesen gegenüber der Zeitpunkt der Übertragung ja keine Wirkung entfaltet.

Problematik der spanischen Stempelsteuer

Die spanische Stempelsteuer („actos jurídicos documentados“, kurz AJD) wird von den autonomen Gebietskörperschaften Spaniens erhoben und beträgt regelmäβig zwischen 1 und 1,5 %, wobei diese Steuer im Falle der Abtretung eines durch Hypothek gesicherten Kredites über den maximalen Haftbetrag der Hypothek (Hauptforderung + Nebenforderungen) berechnet würde und nicht über den Kaufpreis, der regelmäβig erheblich niedriger ausfallen wird, als der maximale Haftungsrahmen einer Hypothek.

Die spanische AJD fällt immer dann an, wenn (i) mittels öffentlicher Urkunde (ii) ein bewertbarer Gegenstand übertragen wird und (iii) das zugrundeliegende Geschäft eintragungsfähig ist, was beim Kauf von hypothekarisch gesicherten Forderungspaketen grds. der Fall ist (Eintragungsmöglichkeit im spanischen Eigentumsregister). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es letztlich zu einer Eintragung der öffentlichen Übertragungsurkunde gekommen ist oder nicht. Alleine die „Eintragungsfähigkeit des Geschäfts“ ist entscheidend für die Auslösung der Steuerpflicht. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die spanische Stempelsteuer im Rahmen der Übertragung von gesicherten Forderungsportfolien nur dann nicht anfällt, wenn der Forderungserwerb in privatschriftlicher Urkunde vorgenommen wird. Dieser Weg wäre, wie vorstehend bereits ausgeführt, grds. auch wirksam, da die Vornahme in öffentlicher Urkunde und anschlieβende Eintragung derselben im spanischen Eigentumsregister keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist.

An dieser Stelle muss allerdings angemerkt werden, dass ein Teil der spanischen Rechtslehre dem Neugläubiger die Möglichkeit, ein bereits begonnenes Hypothekenvollstreckungsverfahren zu übernehmen, abspricht, wenn dieser nicht als Inhaber der Hypothek eingetragen wird. Auch Art. 1.280 Nr. 6 CC statuiert eindeutig die Pflicht, dass initiierte Klageverfahren nur durch öffentliche Urkunde übertragen werden können. Folgerichtig bezieht sich diese Regel auch auf die Abtretung streitbefangener Forderungen. Gleiches soll, laut diesem Teil der Rechtsliteratur auch gelten, wenn der Neugläubiger ein summarisches Hypothekenvollstreckungsverfahren initiieren möchte.

Richtig ist sicherlich, dass die spanische Stempelsteuer durch Forderungsübertragungen in privatschriftlicher Form umgangen werden kann. Allerdings dürfen auch die Risiken, die durch den Verzicht auf die öffentliche Beurkundung des Geschäfts eingegangen werden, im Besonderen die vorstehend bereits angesprochene „fecha cierta“ Problematik, nicht auβer Betracht gelassen werden.

Ein Fallstrick im spanischen Recht: Gerichtlich geltend gemachte Forderungen (sog. „créditos litigiosos“)

Art. 1.535 CC birgt eine besondere Problematik, die bei Forderungskäufen unbedingt im Auge behalten werden muss: Im Falle des Verkaufes einer streitbefangenen Forderung hat der Schuldner das Recht, diese durch Zahlung des Kaufpreises einschließlich Übertragungskosten und Zinsen seit Befriedigung des Kaufpreises, zum Erlöschen zu bringen.

Allerdings darf der Schuldner dieses Recht nur innerhalb von 9 Tagen, gerechnet ab der Zahlungsaufforderung des Neugläubigers geltend machen.

Die Probleme, die diese Vorschrift beim Ankauf von Forderungspaketen, die auch streitbefangene Forderungen enthalten, nach sich zieht sind offensichtlich: Der übliche Risikonachlass, den der Erwerber eines Forderungspaketes bekommt, kann durch den Schuldner bei dieser Art von Forderungen zunichte gemacht werden. Außerdem dürfte beim Ankauf eines Forderungspaketes wohl kaum ein individualisierter Kaufpreis bezahlt werden, so dass nicht einmal klar ist, zu welchem Betrag ein bestimmter Schuldner seine streitbefangene Forderung überhaupt ablösen darf.

Ein Lösungsansatz könnte insoweit etwa dadurch gesucht werden, dass die Veräusserung der streitbefangenen Forderungen dem Schuldner gegenüber nicht offengelegt wird und das Verfahren weiterhin durch den Altgläubiger aber zugunsten des Neugläubigers betrieben wird.

Konkursrechtliche Aspekte

Insoweit ist zunächst die (maximal) einjährige Wartezeit zu nennen, die der Gläubiger bei der Realisierung einer Hypothek, die auf einem Grundstück lastet, das eine Produktionsstätte des Gemeinschuldners darstellt bzw. wesentlicher Unternehmensbestandteil ist, im Auge zu behalten (Art. 56 des spanischen Konkursgesetzes).[ii] Unabhängig davon sind Forderungen, die mittels Hypothek gesichert sind, im Sinne des spanischen Konkursrechtes als „besonders privilegierte Forderungen“ einzustufen, d.h. die Immobilie auf der die Hypothek lastet, ist grds. für die Befriedigung des Hypothekengläubigers reserviert.

Ausserdem ist beim Ankauf von Konkursforderungen Art. 122, Nr.1, 2º des spanischen Konkursgesetzes zu beachten, der Gläubigern, die ihre Forderung nach Eröffnung des Konkursverfahrens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben haben, das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung abspricht.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Im Rahmen des Ankaufes eines Forderungspaketes werden dem Erwerber gewöhnlich die persönlichen Schuldnerdaten zugänglich gemacht. Andernfalls wäre er nicht in der Lage, die erworbenen Forderungen effizient geltend zu machen.

Die implizite Übertragung der Schuldnerdaten im Rahmen von Forderungsankäufen ist in Spanien unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert worden, wobei im Ergebnis davon auszugehen ist, dass eine Weitergabe der Schuldnerdaten, die zur Geltendmachung der Forderungen bzw. Inanspruchnahme der Kreditsicherheiten von Nöten sind, zulässig sein muss. Art. 11. 2. a) des spanischen Datenschutzgesetzes verzichte auf eine Zustimmung des Betroffenen (hier des Schuldners) wenn die Weitergabe gesetzlich erlaubt sei. Bei einer Forderungsabtretung kann man diese gesetzliche Erlaubnis sicherlich aus dem Abtretungsrecht des Código Civil herleiten, denn keine Abtretung würde Sinn machen, wenn der Erwerber seiner Möglichkeit, sich an den Schuldner zu wenden, beraubt würde. Unproblematisch ist jedenfalls der Fall der Zustimmung des Schuldners im Rahmen der Bestellung von Kreditsicherheiten.[iii] In Deutschland und Österreich vergleichsweise wird die Datenschutzproblematik im Rahmen des Erwerbes von Forderungspaketen offensichtlich unter dem Gesichtspunkt der Reichweite des Bankgeheimnisses diskutiert.[iv]

Meyer riet, in allen Zweifelsfällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dazu u. a. auch auf die im VDA – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V. – www.verband-deutscher-anwaelte.de – organisierten deutschsprachigen Anwälte und Anwältinnen in Spanien verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Stefan Meyer
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http://www.mmmm.es/

[i] Entscheidungen des spanischen Tribunal Supremo vom 29. Juni 1989 und vom 23. November 1993 sowie Landgericht Barcelona Audiencia Provincial de Barcelona vom 15. September 2011.

[ii] Weiterführend zu dieser Problematik, Meyer, Der Hypothekengläubiger und das neue spanische Konkursrecht, ZfIR 22/2004, S. 971 f.

[iii] einen guten Überblick speziell zu dieser Frage gibt Albiñana Cilveti in: Foro de actualidad, Actualidad jurídica Uría Menedez 23-2009, S. 87 f.

[iv] Vgl. Dr. Fellner/Dr. Jud, Rechtliche Aspekte des Verkaufs notleidender Kredite, RdW 10/2009, S. 631 f.

 
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