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Martin Josef Haas
MJH Rechtsanwälte, Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht
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Eigenmächtiger Urlaub des Arbeitnehmers berechtigt nicht zur außerordentlicher Kündigung?

Der 61 Jahre alte, schwerbehinderte bislang unbescholtene Beschäftigte hatte fünf Tage Resturlaub aus dem Jahr 2010 später als erlaubt nehmen wollen. Der Arbeitgeber hatte ihm keine Ausnahme gestattet. Daraufhin hatte der 61jährige einen Urlaubsantrag augefüllt und war nicht mehr zur Arbeit erschienen, worauf er außerordentlich gekündigt wurde.


Diversen Pressemeldungen im Internet ist zu entnehmen, dass vor dem ArbG Krefeld am 08.09.2011 ein Vergleich unter dem A. z.: 1 Ca 960/11 geschlossen wurde mit welchem die zuvor ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses in eine Abmahnung umgedeutet worden war. Der 61 Jahre alte, schwerbehinderte bislang unbescholtene Beschäftigte hatte fünf Tage Resturlaub aus dem Jahr 2010 später als erlaubt nehmen wollen. Der Arbeitgeber hatte ihm keine Ausnahme gestattet. Daraufhin hatte der 61jährige einen Urlaubsantrag augefüllt und war nicht mehr zur Arbeit erschienen, worauf er außerordentlich gekündigt wurden.
Grundsätzliche Gerichtspraxis der Arbeitsgerichte ist, dass ein eigenmächtiger Urlaubsantritt des Arbeitnehmers in der Regel eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen rechtfertigt. Gleichzeitig bedarf es immer noch einer Interessenabwägung im Einzelfall. Fraglich ist nämlich, ob nicht noch der Arbeitnehmer abzumahnen ist. Dies soll dann nicht notwendig sein, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund von vorherigen Besprechungen klar ist, dass sein Verhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 21. November 1996, 2 AZR 357/95) vergleicht den eigenmächtigen Urlaubsantritt mit dem Fall der beharrlichen Arbeitsverweigerung. Der Arbeitnehmer verweigert hier bewusst – über einen längeren Zeitraum (Urlaubszeitraum) – die Arbeit.
Dennoch sind in Einzelfällen außerordentliche Kündigungen nicht gerechtfertigt, wie das nachfolgende Beispiel des Landesarbeitsgericht Berlin – Brandenburg vom 26.11.2010, A. z: 10 Sa 1823/10 zeigt:
Das BAG geht im Rahmen seiner Rechtsprechung davon aus, dass eine beharrliche Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers festgestellt werden müsse: „ der Arbeitnehmer müsse die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genügt, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lasse. Die beharrliche Arbeitsverweigerung setze vielmehr voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliege.
Allerdings könne das Moment der Beharrlichkeit auch darin zu sehen sein, dass in einem einmaligen Falle der Arbeitnehmer eine Anweisung nicht befolge, das müsse dann aber z. B. durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht werden.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ging das LAG Berlin im Fall einer langjährigen Angestellten der AOK, die sich genesungsbedingt einen Urlaub gegönnt hatte davon aus, dass eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Das Arbeitsverhältnis wurde seit mehr als 31 Jahren beanstandungsfrei durchgeführt. Die Klägerin hatte mit der Ankündigung des Reha-Antrages am 5. Januar 2010 sowie der ärztlich bescheinigten Notwendigkeit einer weiteren Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes hinreichend deutlich gemacht, dass sie zum Zeitpunkt des eigenmächtigen Urlaubsantritts noch nicht wieder vollständig genesen war und sie jedenfalls subjektiv meinte, der Urlaubsreise „in den Süden“ zu bedürfen. Dieses lies nach Ansicht des LAG die Beharrlichkeit des eigenmächtigen Verhaltens der Klägerin in einem etwas milderen Licht erscheinen.
Deshalb ging die Kammer davon aus, dass auch eine fristgemäße Kündigung geeignet ist, den mit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen.“

Ähnlich argumentierte das ArbG Krefeld: Eine Übertragung des Resturlaubs über den 31.03.2011 hinaus habe der Arbeitgeber eine Absage erteilt und dies dem Mitarbeiter erst kurz vor Ablauf der Verfallfrist mitgeteilt.

Vor diesem Hintergrund sei die fristlose Kündigung unverhältnismäßig. Das rechtswidrige Verhalten des Arbeitnehmers werde dadurch zwar nicht geheilt, könne vor diesem Hintergrund aber bestenfalls noch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung rechtfertigen - die im vorliegenden Fall tarifvertraglich ausgeschlossen war - oder eine Abmahnung, was dann auch den Inhalt des Vergleiches erklärt.
 
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